Obsidian – Die Allzweckwaffe für die digitale Lehrkraft

tl;dr Seit zwei Jahren arbeite ich in Sachen Unterrichtsplanung und -organisation mit Obsidian und ich bin absolut überzeugt, dass es sich um ein großartiges Tool für Lehrkräfte handelt.

Deswegen habe ich dazu Tutorials in Form eines Selbstlernkurses geschrieben, sodass auch andere dieses Tool nutzen können.

Wenn ich daran zurückdenke, wie ich zu Beginn meines Lehrerinnenlebens Unterricht geplant habe, dann läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter: Ich hatte ein dickes Buch, meinen Lehrerkalender, in den ich nicht nur feinsäuberlich meinen Stundenplan eingeklebt hatte, sondern in den ich jede Woche zudem erstmal wieder eintragen musste, welche Klasse und welches Fach ich in dieser Stunde hatte. Weil aber in diesem Kalender natürlich nur Platz für das grobe Stundenthema war, plante ich meine Stunden außerdem mit Stundenverlaufsplänen, die ich in Word als Tabelle anlegte. Materialien wie Hefteinträge hängte ich entweder diesen Textdateien an oder fertigte sie handschriftlich an, weil die Funktionen von Word es schwieriger machten, gezeichnete Bestandteile zu verwenden, um sie dann feinsäuberlich abzuheften, damit ich mir die Mühe nicht erneut machen müsste. Natürlich hatte ich damit noch lange nicht alles, was ich brauchte, denn Material für Gruppenarbeiten fand sich in weiteren Textdokumenten, Präsentationen, mit denen ich das Material in der Klasse präsentierte kamen extra dazu. Alles wollte auf einem USB-Stick gespeichert werden – je nach Internetverbindungszugang des jeweiligen Klassenzimmers sogar die YouTube-Videos, die ich also vorher heruntergeladen hatte… Uff. Es war einfach nur unfassbar umständlich und zeitraubend.

Dass das heute anders ist, hängt mit vielen Faktoren zusammen, angefangen damit, dass 2017 das erste iPad bei mir einziehen durfte, wodurch ich mir vor allem erstmal sehr, sehr viele Kopien sparte. Die Anzahl der Apps, die ich benötigte, um guten (digitalen oder analogen) Unterricht zu planen, wurde aber erstmal nicht weniger, sondern immer mehr: Denn natürlich blieben die Textdokumente und die Präsentationen, hinzu kamen Inhalte für Learning-Management-Systeme (zuerst Teams, dann Mebis), browserbasierte Tools wie Canva und und und. Im Laufe der Zeit probierte ich unfassbar viel aus und vieles brachte eine funktionale Verbesserung: Die Umstellung auf einen digitalen Kalender, die Nutzung von Notability für meine Bewertungsnotizen zu Unterrichtsbeiträgen und Referaten, digitale Schulbücher Verbesserung? Nicht immer! und vor allem der Umstieg auf Microsoft OneNote (2018), wodurch ENDLICH so etwas wie Multimedialität entstand:

Damit hätte es gut sein können: Es gab die Möglichkeit, Videolinks einzufügen, Bilder zu integrieren oder PDFs auf die jeweilige unendliche Leinwand zu drucken und dann direkt mit dem Stift draufzuschreiben, es gab übersichtliche Notizbücher mit der Möglichkeit Unterebenen anzulegen (Ich bin Unterordner-Struktur-Junkie 🤓) und wenn ein Schuljahr erledigt war, konnte ich mir die Elemente einfach rüberkopieren. Meine Welt war ein riesiges Stück besser und einfacher geworden und durch die Arbeit in meinen ersten Tabletklassen, in denen Teams und das Kursnotizbuch ebenfalls das Mittel der Wahl waren, hatte ich so etwas wie einen Kompatibilitätspeak erreicht.

Ein wenig fürchtete ich damals zwar schon das Damokles-Schwert der Datenschutzbedenken, das Argument, dass ein Großteil meiner Arbeit, nämlich die Kombination und Planung, nun auf Gedeih und Verderb dem Gutwill eines amerikanischen Unternehmens ausgeliefert wäre, die Software zu supporten, gewann aber erst an Gewicht, als die Tech-Oligarchen bei Donald Trumps Amtseinführung geflissentlich vor ihm salutierten.

Manche Dinge störten mich dennoch trotz aller Begeisterung: Dateien mussten entweder als Anlage oder als Ausdruck eingefügt werden (wobei Anlagen bei geräteübergreifender Nutzung nicht immer funktionierten), das Setzen von Links innerhalb der Notizbücher empfand ich als relativ zeitraubend, besonders genervt war ich aber davon, dass die Notizen zwar immer mit einem Datumsstempel versehen wurden, einen kalenderbasierten Wochenplan konnte ich daraus aber nicht generieren. Jede Form von Index musste ich unabhängig von bereits bestehenden Ordnerstrukturen selbst anlegen… das konnte noch nicht der Digitalisierung beste Antwort auf meine komplexen Lehrkraftprobleme sein: Die Industrie hat SAP, aber was habe ich?

Bis 2022 blieb ich bei OneNote – schlicht in Ermangelung von Alternativen. Es hat mich nie so begeistert, dass ich hier darüber geschrieben hätte, ein paar Fortbildungen habe ich aber gegeben. Meist an Schulen, wo es darum ging, Teams und das Kursnotizbuch einzusetzen. Beim Bildungsbruch der #EduPnx kam dann allerdings im Mai 2023 Bewegung in die Sache: An einem Samstag an der ALP in Dillingen sprachen wir in einer der Sessions über ein Tool, von dem ich auf Twitter zwar schon gehört hatte, das ich bisher aber als #TooNerdyForMe abgetan hatte: Obsidian galt als perfekte App für alle, die einen digitalen Zettelkasten führen wollen, um ihre Ideen und Recherchen miteinander zu verknüpfen… das schien mir mehr in die Wissenschaft als in den Lehreralltag zu passen.

Was daran wirklich revolutionär war, lernte ich schließlich an diesem Tag: Da es sich bei Obsidian um ein Tool handelt, das durch Plugins erweiterbar ist, ist man eben nicht darauf angewiesen, dass irgendwo im Silicon Valley ein zum Unternehmen gehörender Programmierer auf eine schlaue Idee kommt, die er umsetzen darf, weil sie Umsatz verspricht. Stattdessen gibt es durch die programmierende Community zahlreiche Plugins, die man sich so zusammenstellen kann, dass der eigene Vault (also das Schatzgewölbe bzw. das Verzeichnis, in dem die eigenen Notizen gespeichert sind) möglichst gut zu den eigenen Bedürfnissen passt. Also begann ich doch wieder herumzuprobieren, denn was ich sah, weckte die Hoffnung, dass die Lücken, die ich in OneNote bisher für mich identifiziert hatte, durch die Nutzung dieses Tools geschlossen werden könnten.

Und was soll ich sagen?

Well, that escalated quickly!

Mittlerweile sieht meine Unterrichtsplanung so aus:

Das beste daran ist allerdings weder die Optik noch die Vielseitigkeit, sondern der Grad an „Automatisierung“, der mit der Nutzung von Obsidian einhergeht: Statt lange in Word Formatierungen vorzunehmen, drücke ich ## vor einer großen oder ### und #### vor kleineren Überschriften oder setze **rund um die Textstellen, die ich fett gedruckt haben möchte**. (Das ist für Optik-Perfektionistinnen wie mich ein echter Gamechanger!)

Für die Mind Map, die du oben gesehen hast, habe ich kein separates Tool geöffnet, sondern einmal das passende Plugin installiert und nun muss ich nur über die Befehlszeile auswählen, dass die Mind Map aus meiner Notiz generiert werden soll. Die Notizen für jeden einzelnen Tag kann ich über den Kalender in der rechten Seitenleiste aufrufen, wodurch die Frage „Was haben wir nochmal letzte Stunde gemacht?“ viel einfacher zu beantworten ist. Präsentationen erstelle ich nur noch in PowerPoint oder in Canva, wenn sie wirklich hübsch sein sollen. Wenn ich einfach nur sauber dargestellte Arbeitsaufträge brauche, setze ich in den Notizen nur — als Signal an das Programm ein, damit eine neue Folie begonnen wird. Wenn ich Bilder aus dem Netz brauche, setze ich sie per Copy & Paste direkt in meine Notiz ein. Wenn ich sie öfter brauche, ändere ich schnell den Namen und verschiebe sie in den passenden Ordner.

Kurzum: Mein Lehrerinnenleben ist so viel leichter und effizienter geworden und ich habe so unfassbar viel Freizeit gewonnen (ähem!), dass ich sogar Zeit hatte, Tutorials für die Nutzung von Obsidian durch Lehrkräfte zu schreiben, dass du das in Zukunft auch kannst… 😉 Zum Zeitpunkt, als dieser Beitrag erscheint, habe ich die Basiskapitel fertiggestellt, sodass du, wenn du Obsidian gerne ausprobieren möchtest, von der Installation bis zum Erstellen des Wochenplans angeleitet wirst. Du musst dich nur mit einem Klick ins Dromedar-LMS begeben.

Durch Klick auf das Bild kommst du direkt zum Tutorial.

Insbesondere all denjenigen, die verschiedene Geräte oder sogar Betriebssysteme miteinander koordinieren müssen, sei die App wärmstens empfohlen. Zumindest war die Einführung der iPad-Klassen an meiner Schule und die daraus resultierende Herausforderung für viele Kolleg:innen, bestehende Windows-Geräte und iPads sinnvoll miteinander zu koppeln der Anlass, meine Erfahrungen mit Obsidian endlich mal aufzuschreiben.

Ich hoffe, dass euch meine Tutorials weiterhelfen können und würde mich sehr über euer Feedback freuen!

Alles Liebe. ♡

Kristina

PS: Danke, Armin. Du bist der überzeugteste Markdown-Vertreter, der mir je untergekommen ist und auch wenn es wirklich gedauert hat, bis ich mich dazu habe überwinden können (und mein Blog nach wie vor eine gehassliebte WordPress-Instanz ist), hattest du schließlich Recht. 😉


Kommentare

4 Antworten zu „Obsidian – Die Allzweckwaffe für die digitale Lehrkraft“

  1. […] Wahl,die Frau mit dem Dromedar, hat in einem schönen neuen Blogeintrag Obsidian gepriesen als App zum Gestalten und geordneten Verwalten von Notizen; sie zeigt dort tolle Sachen, die sie […]

  2. […] Obsidian – Die Allzweckwaffe für die digitale Lehrkraft – Die Frau mit dem Dromedar […]

  3. Wie mir dieser MEGA-Artikel durch die Lappen gehen konnte, ist mir ein absolutes Rätsel! Tausend Dank dafür! Ich hab ihn mit großem Interesse gelesen, weil deine Begeisterung da voll durchkommt. Dieses „Das muss auch anders gehen“-Gefühl, das du nach ein paar Jahren Leitz-Ordner-Stemmen hattest, kenne ich auch nur zu gut.
    Bei mir war damals Evernote der Game Changer und da bin ich bis heute dabei geblieben. US Tech, ich weiß, aber nach 11 Jahren wäre der Umstieg schon eine riesige Umstellung. But you never know. Dann weiß ich zumindest jetzt, auf was ich umsteigen müsste.
    Weil du Dillingen immer wieder erwähnst: Wir kennen uns (noch!) nicht persönlich, oder?

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